Wer sind die Uiguren?
Die Bezeichnung „Uiguren“ bedeutet „vereint“ und geht zurück auf den Zusammenschluss verschiedener indoeuropäischer, turkstämmiger, wahrscheinlich auch mongolischer Volksgruppen, die seit sehr langer Zeit in Zentralasien zu Hause sind. Im Jahre 744 hatten sich die Uiguren vom Großreich der Göktürken losgesagt und ein eigenes Königreich gegründet, das Uigurische Khaganat, das sich im Osten bis weit in die heutige Mongolei erstreckte. Im 9. Jahrhundert wurden sie dort von den Kirgisen vertrieben und zogen sich wieder weiter nach Westen zurück, vorwiegend ins Tarimbecken. Ihre Heimat Ostturkestan (das Uigurische Autonome Gebiet Xinijang, wie die offizielle Bezeichnung heute lautet), liegt im äußersten Nordwesten der Volksrepublik China.
Die Chinesen hatten schon in früher Zeit großes Interesse an diesem Gebiet gezeigt, das ihnen einen Zugang zum Westen bot. Während der Han-Dynastie hatte Kaiser Wudi (141 bis 87 v. Chr.) dort eine Reihe von Außenposten eingerichtet, und in der Zeit der Tang-Dynastie (618 bis 907 n. Chr.) verfügten die chinesischen Kaiser über einen nicht unerheblichen Einfluss, aber nie hatten sie das Land unterwerfen und die Oberhoheit gewinnen können. Wenn China also heute behauptet, ein jahrtausendealtes Anrecht auf Xinjiang zu haben, so entspricht das nicht ganz der historischen Wahrheit.
Zum ersten Mal hatte Kaiser Qianlong im Jahre 1757 das Gebiet erobert, dann aber nach anhaltenden Unruhen wieder aufgeben müssen. Erst 1884 konnte das ganze Gebiet als Provinz Xinjiang (新疆 = Neue Grenze) endgültig in das chinesische Kaiserreich eingegliedert werden. Zugleich stand es aber auch unter dem Einfluss des Russischen Reiches.
Nach dem Fall der Qing-Dynastie 1911 begann Xinjiang den chinesischen Behörden zu entgleiten; es regierten Han-chinesische Militärherrscher; die Guomindang-Regierung versuchte vergeblich, Ordnung zu halten; der Einfluss der Sowjetunion wuchs; Aufstände der einheimischen Bevölkerung und separatistische Bewegungen ließen das Land nicht zur Ruhe kommen. 1933 und von 1944 bis 1949 konnten sich die Uiguren als Republik Ostturkestan vorübergehend selbstständig machen, doch Ende 1949 zog die Volksbefreiungsarmee ein und besetzte das gesamte Gebiet. Seitdem gehört es als Provinz Xinjiang zur Volksrepublik China. 1955 erhielt es den Status eines Autonomen Gebiets.
Doch das Land wurde ausgebeutet, die Uiguren immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Immer mehr Rechte wurden ihnen genommen und jedes Aufmucken blutig niedergeschlagen. Man nannte sie Terroristen, Staatsfeinde. Ab 2017 sperrte man sie zu Hundertausenden in "Umerziehungslager", um ihnen ein für alle Mal ihre Eigenständigkeit und ihre ethnische Identität auszutreiben. Mit einem lückenlosen Überwachungssystem und unerbittlicher Härte wurde so in wenigen Jahren jedes Anzeichen von Unzufriedenheit mit der Staatsführung und jedes Relikt von kulturellem oder religiösem Denken verfolgt.
Wie genau ihre Situation der Uiguren in Xinjiang heute aussieht, wissen wir nicht, aber es hat den Anschein, dass die chinesische Regierung ihr Ziel weitgehend erreicht hat.