Köresh Kösen

 

„Fünfzig Jahre lang durften wir Uiguren nicht singen, was unser Herz bewegt“, sagte Köresh Kösen einmal. Er hatte es dennoch getan und er tat es wieder, mit Inbrunst, mit einer wundervollen Stimme und begleitet von seiner geliebten Dotar. Aber jetzt sang er nicht mehr in seiner Heimat Xinjiang, sondern im Exil in Schweden.

Köresh Sultan – oder Köresh Kösen, wie er sich als Künstler nannte, hatte in den 1980er Jahren Musik studiert, als Musiklehrer gearbeitet und 1987 ein Ensemble gegründet, mit dem er  in allen Städten Xinjiangs auftrat und zahlreiche Preise gewann. Seine Kassetten gehörten zu den meistverkauften jener Zeit. Doch dann, nachdem die Uiguren seit Chinas Öffnungspolitik eine Zeit lang relativ große Freiheit genossen hatten, war es damit Ende der 1980er Jahre wieder vorbei. Als die zentralasiatischen Sowjetrepubliken selbstständig wurden, wuchs Chinas Angst vor separatistischen Einflüssen und die Regierung zog die Zügel straffer an. Doch je mehr sich Köresh der vielen Ungerechtigkeiten bewusst wurde, desto mehr lehnte er sich dagegen auf und desto beliebter wurden seine Lieder im ganzen Land. Denn er sang den Uiguren aus dem Herzen, er sang von Freiheit, Stolz und Heimatliebe „Seine Stimme war so mächtig, dass sie von einem Ende der Wüste Taklamakan bis zum anderen hallte.“[1]

Das erschien der Regierung zu gefährlich. Ihm wurde die Arbeitserlaubnis entzogen, Instrumente und Ausstattung wurden konfisziert, seine Lieder verboten, er wurde verhaftet, gefoltert, konnte in die Türkei fliehen, arbeitete einige Jahre als Aktivist in Kirgisistan und wurde 1998 auf Druck der chinesischen Regierung auch dort wieder inhaftiert. 1999 erhielt er durch Vermittlung der Vereinten Nationen Asyl in Schweden, wo er mit der Musik seinem Volk eine Stimme zu geben versuchte.

Er hatte Erfolg. Schweden liebte ihn. Er trat mit einheimischen Volksmusikern im Fernsehen auf, nahm an Musikfestivals in ganz Europa teil, erzählte den Menschen, wie es um sein Volk stand. Er erzählte, wie die Uiguren um ihre Kultur und Muttersprache bangen mussten, wie sie um ihre Rechte geprellt wurden. Er erzählte, wie man uigurische Bauern drängte, ihr Land für billiges Geld an Han-chinesische Investoren zu verkaufen, und wie immer mehr Fremde kamen und den Uiguren die Freiheit nahmen. Er zeigte Europa die gute und die starke  Seite seines Volkes, die traurige und die kämpferische.

Ende 2006 starb er an plötzlichem Herzversagen. Er wurde nur 47 Jahre alt.

 

Verkauft nicht euer Land! (Yärni satmanglar!)

 

Die Erde ist euer Vater, die Erde ist ewig, sie ist das Erbe eurer Vorfahren.

Die Erde ist heilig, das Land ist die Quelle des Lebens.

Ihr Bauern, meine Brüder, ich bitte euch inständig, verkauft nicht euer Land!

 

Dies ist das Land eurer Vorfahren, ihr habt kein Recht, es zu verkaufen.

Ihr habt nicht die Möglichkeit, später etwas Neues zu schaffen.

Ihr arbeitet von morgens bis abends,

aber habt nicht genug Nahrung und Kleidung.

 

Ihr habt jetzt schon lange Zeit gehungert

und euer Haus ist nicht einmal aus Ziegeln gebaut.

Sommers wie winters lebt ihr unter diesen rauen Bedingungen.
Wer hat euch all dieses Leid und Elend angetan?

 

Ihr habt eine Zukunft, weil ihr Land habt.

Denn Land ist die Quelle des Reichtums; ein Regierungsbeamter hat Macht, aber kein Land.

Doch wenn ihr nicht aufpasst, wird sich dieses Land in Steppe verwandeln.

Lasst nicht zu, dass am Ende die Steppe siegt!

 

Wollt ihr euer Land verkaufen, um eure Taschen zu füllen?

Wollt ihr die Spuren eurer Vorfahren verwischen,

so dass nichts von Wert für unsere Kinder bleibt?

Wollt ihr zu dem Leid noch mehr Schmerz hinzufügen?

 

 Siehe auch:

 Atlanduq

http://www.uyghurensemble.co.uk/en-html/en-art-k-kusen.html

 http://www.kurashsultan.com/


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